Ein anderes Wählen


Einleitung

Soziokratie ist ein Prozess der Entscheidungsfindung, der es ermöglicht, dass jedes Mitglied einer Organisation eine Stimme im Unternehmensmanagement hat. Soziokratie ermöglicht Feedback-Schleifen, die helfen Informationen nicht nur von oben nach unten sondern auch von unten nach oben fließen zu lassen. Weil jedes Individuum Teil des ganzen Systems ist (egal ob Organisation oder Gemeinschaft), wird in der Soziokratie die Stimme jedes Einzelnen geschätzt in dem Wissen, dass das Einverständnis aller notwendig ist, um eine Entscheidung zu treffen. Es bedeutet nicht, dass Jede*r notwendigerweise vollständig mit der Entscheidung übereinstimmt. Es bedeutet lediglich, dass für den Zeitpunkt einem Antrag stattgegeben werden kann, dass also niemand einen starken, sachlichen Einwand hat und Jede*r mit dem Antrag leben kann. Alle wissen, dass sie in einigen Wochen/Monaten (wie im Antrag vereinbart) auf diese Entscheidung zurückkommen können, um sie gegebenenfalls abzuändern. „Sicher genug, um es zu versuchen und gut genug für jetzt“.

Was Soziokratie von der Mehrheitswahl unterscheidet ist, dass es Gleichheit und Freiheit einbindet. Es unterstreicht die Inklusion und die Kooperation jedes Einzelnen der teilnimmt. Im Gegensatz zur Mehrheitswahl können Themen tiefgehend besprochen werden bis ein Konsent erreicht wird und es gibt keine gravierend unzufriedene Personen. In einer Mehrheitswahl, bei dem „Ja“ und „Nein“ die Schlüsselwörter sind, kann es passieren, dass am Ende 60% der Teilnehmer ja zu einem Antrag sagen und 40% diesem stark entgegenstehen. Weil die Mehrheit erreicht ist, wird der Antrag angenommen, was aber 40% der Leute schwer verärgert zurück lässt.

Bei dieser Übung werden die Teilnehmer*innen mit dem soziokratischen Modell vertraut gemacht, während sie es in einem Wahlprozess anwenden.

Art der Aktivität

Gruppe / Experimentell

Dauer

Ca. 40 Minuten, abhängig von der Gruppengröße

Lernziele

  • Teilnahme an einem transparenten und „befähigenden“ Wahlprozess

  • Lernen wie man Gruppenentscheidungen mit Hilfe soziokratischer Prinzipien erleichtern kann

Anleitung

Benötigte Materialien und Werkzeuge:

  • „Post-its“ oder Zettel (mindestens einer pro Teilnehmer*in)

  • Stifte

Schritt-für-Schritt-Anweisungen:

  1. Ernenne eine/n Moderator*in für die Wahl. Es spielt keine Rolle wie diese Entscheidung getroffen wird, aber es sollte eine Person sein, welche den Ablauf gut versteht, damit sie den Prozess gut leiten kann.

  2. Definiere das Amt, das die zu wählende Person ausüben soll. Aufgaben, die erfüllt werden müssen, bevorzugte oder notwendige Fähigkeiten, Dauer des Amtes, wie oft die Person in ihrem/ seinem Amt evaluiert wird und was die Evaluationskriterien sind.

  3. Verteile Stifte und Zettel.

  4. Jede*r Teilnehmer*in schreibt auf den Zettel zuerst den eigenen Namen ganz oben und die Person, die er/ sie nominiert ganz unten auf den Zettel. Nur Anwesende dürfen nominiert werden. Man darf sich selbst nominieren.

  5. Nominierungsrunde: Der/Die Moderator*in sammelt die Zettel ein dem Kreis folgend und fragt dann jede*n Teilnehmer*in, warum sie/ er die Person nominiert hat, die sie/ er ausgewählt hat. Durch die schriftliche Fixierung ist ein nachträgliches Ändern während der Runde nicht mehr möglich. Eine*r nach der/dem Anderen erklärt nun der Gruppe die Gründe ihrer/ seiner Wahl. Die Gründe müssen zu dem vom Amt erforderten Fähigkeiten passen. Der/Die Moderator/in schreibt auf wie viele Nominierungen auf die verschiedenen Personen entfallen und achtet auch darauf welche Argumente für die Nominierung hervorgebracht werden (eventuell hält er/sie auch diese schriftlich fest).

  6. Die Klärungsrunde: Die Teilnehmer*innen können darüber sprechen wie sie sich dabei fühlen, nominiert worden zu sein oder andere können den Nominierten Fragen stellen. Zum Beispiel könnte die Person mit den meisten Nominierungen gefragt werden, ob sie/ er in der Lage und Willens ist das Amt zu übernehmen.

  7. Änderungsrunde: Nachdem Jede/r gehört wurde, präsentiert der/die Moderator/in wie viele Nominierungen auf die jeweiligen Teilnehmer entfallen und startet eine zweite Runde in der Jede/r gefragt wird, ob er/sie seine/ihre Nominierung aufrecht erhalten oder aufgrund des Gehörten ändern möchte. Der/Die Moderator/in verändert entsprechend die Nominierungsliste.

  8. Der/Die Moderator/in schlägt eine Person basierend auf der Gruppenmeinung und den Argumenten vor. (Das muss nicht notwendigerweise die Person mit den meisten Nominierungen sein.)

  9. Der/Die Moderator/in präsentiert drei Wahloptionen:

    1. Einverstanden („Ohne Vorbehalt, also volle Unterstützung“)

    2. Einverstanden mit Zweifel („Unter Vorbehalt, ich habe Zweifel, aber ich möchte deswegen nicht das Vorankommen ausbremsen“)

    3. Schwerwiegender Einwand („Ich kann diesen Vorschlag nicht unterstützen, aus dem und dem Grund...“) Wenn jemand einen schwerwiegenden Einwand einreicht, hilft diese Person der Gruppe, weil sie einen wichtigen Vorbehalt einbringt. Man blockiert nicht einfach weil man die Person nicht mag, sondern weil man Gründe hat, warum es so nicht funktionieren würde und man präsentiert diese.

  10. Der/Die Moderator/in macht klar, dass die Entscheidung „gut genug für jetzt und sicher genug, um es zu probieren“ sein muss, sie jederzeit rückgängig gemacht werden kann und außerdem durch Evaluation der Fortschritt der Person in ihrem Amt begleitet wird.

  11. Konsent-Runde: Beginnend links neben der nominierten Person wird nun Jede*r gefragt, ob sie/ er einverstanden, einverstanden mit Vorbehalt ist oder ein Veto aufzeigen möchte. Die nominierte Person drückt zuletzt ihre Meinung aus. Solange niemand einen schwerwiegenden Einwand vorbringt, wird die Person gewählt, andernfalls nicht. Wenn die Person mit Vorbehalten gewählt wurde, so ist es jetzt an der Zeit diese zu hören, sie an die entsprechende Person zu bringen und eventuell anzupassen. Falls die Person nicht gewählt wurde, werden die Gründe für die Einwände angehört und auch die Zweifel und Vorbehalte angeschaut. Der/ Die Moderator*in integriert das Feedback in einen neuen Vorschlag oder fragt eine*n aus der Gruppe es zu tun. Mit dem neuen Vorschlag wird nun in eine neue Konsent- Runde gegangen.

  12. Feiert!

Quellen [englisch]

Reflektion

  • Welche Unterschiede konntest Du wahrnehmen zwischen diesem Weg der Wahl und dem üblichen Weg, denn Du sonst kennst?

  • Was könnten die Vorteile dieser Methode sein?

  • Was denkst Du, wie könnte sich die Person fühlen, die auf diese Weise gewählt wurde? Würde es ihr helfen sich mehr dem Auftrag „zugehörig“ zu fühlen?

Anleitung zur Online-Einreichung

Lade ein Foto hoch und reiche die Beschreibung des Amtes und eine Zusammenfassung der Wahl ein. Notiere was gut lief und was man verbessern könnte. Schreibe eine persönliche Reflektion über die Vor- und Nachteile dieser Methode und wichtige Punkte aus der Teilnehmerreflekton. Anleitung für das Hochladen der Fotos und für das Einreichen mit Moodle findest Du hier.

Anleitung zum Feedback

Gib mindestens einer/einem Teilnehmenden Feedback. Eine Anleitung zum Feedbackgeben findest Du hier.
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